Die angebliche LegalTech-Revolution der juristischen Branche

Good news: Juristen und Anwältinnen sollen nun doch nicht von Robotern abgelöst werden. Warum? Hier lesen...

Publikationsdatum
12/2018
Die angebliche LegalTech-Revolution der juristischen Branche
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Digitalisierung / LegalTech

Wie schnell sich alles wieder ändert. Noch bis vor Kurzem war auf jeder Veranstaltung im Legal-Bereich zu hören, wie die Digitalisierung die Anwältinnen und Anwälte bedroht. Jobs verschwinden, Kosten werden reduziert. Kurz: die fetten Jahre sind vorbei. Diese dunklen Vorhersagen sind nun wieder verschwunden. So etwa anlässlich der Legal (R)Evolution Veranstaltung diese Woche in Darmstadt. Der Tenor: die Arbeit wird den Juristinnen und Juristen nicht ausgehen, aber sie wird komplexer. Eine gute Nachricht für die Kanzleien also?

Wir wagen einen Ausblick und geben Tipps, wie sich Kanzleien geschickt durch die Revolution bewegen können. Schonmal vorneweg: Wegfallen tut, wer die falsche oder gar keine Strategie hat. Mit Technologie hat das in erster Linie nur bedingt zu tun.

Es braucht künftig nicht weniger, sondern mehr Juristinnen und Juristen

Darauf baut die juristische Branche. Das regulatorische Umfeld wird komplexer und der Beratungsbedarf steigt. Der Input der juristischen Beraterinnen und Berater ist mittlerweile in sämtlichen Businessprozessen gefragt. Die Entwicklungen im Bereich Datenschutz (GDPR) sind hier nur ein Beispiel von vielen. Soweit die These, auf der der neue Optimismus beruht.

Den Rechtsabteilungen der Unternehmen wird es also nicht langweilig. Viele Legal Departments antworten auf den gesteigerten Beratungsbedarf jedoch nicht mit einer Erhöhung des Budgets für externe Counsels, sondern erweitern ihre internen Kapazitäten und Kompetenzen. Zum Leidwesen der Kanzleien. Die Theorie, dass es mehr Arbeit für Juristinnen und Juristen gibt, mag daher zwar stimmen. Es ist aber davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil dieser Arbeit von den Unternehmen in-house erledigt werden wird. Für die Kanzleien wird von diesem neuen Kuchen ein kleineres Stück übrig bleiben.

Was können Anwaltskanzleien also tun, um auch im Zeitalter der Revolution und Digitalisierung konkurrenzfähig zu sein?

Zweifellos wird die Technologie einen Einfluss auf den Markt haben. Alle Aufgaben, die sich automatisieren lassen, werden in den nächsten paar Jahren auch von Maschinen erledigt. Dazu gehören mit Sicherheit auch Tasks, die bisher von Kanzleien übernommen wurden. Technologie bietet Chancen zur Effizienzgewinnung und Verbesserung der Beratungsqualität. Das ist aber nichts revolutionäres. Jede Branche ist einem steten Wandel unterlegen und die Arbeit verändert sich mit der Zeit.

Ebenso klar ist, dass auch alternative Anbieter (Alternative Legal Service Provider) in den Markt der Kanzleien vorstossen werden. Sie sind günstiger, flexibler, spezialisierter und effizienter als viele klassische Kanzleien. Veränderungen durch aufstrebende Konkurrenz - auch das ist nichts neues und ein natürlicher Vorgang in jeder Branche.

Es gilt wie immer: Wer stehen bleibt, der wird verschwinden.

Selbstverständlich haben kompetente, externe Beratungsdienstleistungen auch künftig einen hohen Wert sowohl für Corporate als auch für Private Clients. Kanzleien brauchen zukunftsgerichtete Strategien und Business Modelle. Im Zentrum stehen die Einzigartigkeit einer Kanzlei und das Bilden einer funktionierenden Strategie rund um die Kernkompetenz, bei der alle Elemente aufeinander abgestimmt sind. Es ist wie bei einer Maschine: Die verschiedenen Einzelteile sind ineinandergreifende Zahnräder, die miteinander funktionieren müssen, sodass die grosse Maschine laufen kann. 

Es geht um Fragen wie:

  • Wodurch unterscheidet sich Deine Kanzlei? Von anderen Kanzleien? Von "Robotern"? Von alternativen Service Providern?
  • Was ist die Kernkompetenz Deiner Kanzlei?
  • Wie setzt Du diese Kernkompetenz für die Mandantschaft möglichst gewinnbringend ein?
  • Welche Kompetenzen fehlen Dir und Deiner Kanzlei allenfalls noch, die eingekauft oder angeeignet werden müssen?
  • Wie kann diese Kompetenz zielgerichtet kommuniziert werden?

Dieses Abgrenzungskennzeichen müssen die Kanzleien finden. Das ist nicht so einfach, aber jede Firma kann dieses gewisse Etwas finden. Wir geben nachfolgend zwei Ansatzpunkte, die für sich allein keine wirksame Strategie sind, aber in ein Konzept eingebunden werden können.

1. Anwaltskanzleien als starker Partner und enger Begleiter - nicht nur sagen, sondern effektiv machen!

Ich höre immer wieder, dass Kanzleien ein starker Partner für ihre Klientschaft sein wollen. Oft wird das so verstanden: Wir sind Spezialistinnen und Spezialisten und liefern als solche einwandfreie Beratung. Damit ist die Arbeit jedoch nicht getan. Qualität ist eine Voraussetzung, die als Unterscheidungsmerkmal nur wenig taugt. Das wird von allen Klientinnen und Klienten künftig vorausgesetzt.

Richtige Partnerschaften beginnen dort, wo man effektiv zusammen etwas schafft. Dazu gehört etwa auch, dass man bereit ist gewisse Risiken zu teilen. Das stärkt das Vertrauen und das ist traditionell ein wesentlicher Bestandteil der Beziehung des Anwalts zu seiner Klientin. Selbstverständlich geht es um dosierte Risiken und nicht solche:

Als Beispiel: Die Debatte rund um Stundenansätze und alternative Preismodelle ist bekannt. Wenn ich als Anwaltskanzlei meiner Klientin den gesamten Stundenaufwand für die Bearbeitung eines Projekts in Rechnung stelle, dann übernehme ich keinerlei Risiko. Mein gesamter Aufwand ist gedeckt und das gesamte Kostenrisiko liegt bei der Kundin. Das hat jedoch nichts mit Partnerschaft zu tun. Warum nicht in eine Zusammenarbeit investieren und einen Teil des Risikos mittragen?

Das mag nicht überall funktionieren. Aber es gibt genügend Anwendungsbereiche, um sich durch innovatives Pricing von anderen Anbietern abzuheben.

Hinweis: Ein Retainer mit 20 Hinweisen, wann der Retainer nicht gilt und der Aufwand zusätzlich in Rechnung gestellt wird, ist kein neues Preismodell. Dabei handelt es sich in der Regel einfach um ein anders verpacktes Modell, in dem ebenfalls nach Stunden abgerechnet wird.

2. Weg von der Kanzleiführung durch die Partnerinnen und Partner: Die Anwaltskanzlei als professionelles Unternehmen führen.

Es klingt etwas gewagt, aber meiner Meinung nach wäre die Umstrukturierung der klassischen Kanzleistrukturen ein deutliches Unterscheidungsmerkmal, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Bisher gibt es kaum Kanzleien, die sich von ihren partnerschaftlichen Strukturen lösen konnten.

Sozietäten entscheiden in Gremien und Sub-Gremien. Diese werden in der Regel durch verschiedene Partnerinnen und Partner der Kanzleien gebildet. Die Gremien bestehen demnach aus Juristinnen und Juristen, die für die spezifischen Aufgaben mehr oder weniger gut geeignet sind. Lediglich für gewisse Funktionen wie Buchhaltung und Marketing werden in grossen Kanzleien Spezialistinnen und Spezialisten eingestellt. Die operative Führung und Entscheidungskompetenz der Kanzlei geben die Partnerschaften hingegen nicht gerne aus den Händen. Damit unterscheiden sie sich von anderen Unternehmen, die von CEOs, CFOs, COOs und CIOs geführt werden. Die Aktionärinnen und Aktionäre haben keine direkte operative Entscheidungskompetenz.

Du denkst jetzt vielleicht:

 

Aber: Diese Änderung der Organisation einer Kanzlei wäre ein starkes Signal, von dem ich überzeugt bin, dass insbesondere die Corporate Clients mit grosser Wertschätzung darauf reagieren werden. Das funktioniert natürlich nur, wenn es richtig umgesetzt wird. CEOs haben richtige Entscheidungskompetenz und leiten die Firma. Sie sitzen mit am Tisch bei der Klientschaft. Viele Türen bei Kundinnen und Kunden würden sich öffnen. Die Rechtsabteilungen der Unternehmen schauen bei ihren Suppliern mittlerweile genau hin und wollen sehen, dass diese effizient und optimiert organisiert sind.

Digitalisierung und LegalTech sind wichtige Bestandteile, aber der Erfolg einer Kanzlei beginnt auf einer anderen Ebene: Bei der richtigen Strategie!

Im Wesentlichen geht es also nicht um Digitalisierung. Zumindest nicht nur. Diese ist nur ein Grund, um die eigene Strategie zu überdenken. Wie jedes andere Unternehmen muss sich auch eine Anwaltskanzlei laufend überlegen, wie sich die Erwartungshaltungen im Markt künftig verändern werden und das eigene Angebot resp. die Prozesse entsprechend anpassen. Erwartungen der Mandantinnen und Mandanten. Erwartungen der Geschäftspartner. Erwartungen der Arbeitskräfte. Es geht um Strategie und Marketing, d.h. um die angebotenen Produkte, die richtige Zielgruppe, die Kommunikation und die Einbindung der Zielgruppen in das digitale Marketing.

Selbstverständlich ist Technologie ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsweise von Juristinnen und Juristen unserer Zeit. Wer sich aber auf diese neuen Tools stürzt ohne sich über das big picture (d.h. die Firmenstrategie) Gedanken zu machen, der wird auch mit der Digitalisierung nicht glücklich. LegalTech ist dazu da, die Umsetzung der Firmenstrategie bestmöglich zu unterstützen.

  1. Finde Deinen Fokus, Deine Spezialisierung und Abgrenzung zur Konkurrenz
  2. Bilde eine zukunftsgerichtete (Marketing-)Strategie für Deine Firma
  3. Leg los!
Du brauchst Support beim Einstieg in der Entwicklung der richtigen Strategie? Kein Problem: Wir unterstützen Dich gerne. einfach Emailen oder anrufen: +41 61 554 55 74.
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